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Qualitätsmanagement als Motor professioneller Change-Prozesse


Wer schritthalten will, muss Qualität neu definieren und entsprechende Strukturen schaffen

Von Dr. Arnt Suckow, Dr.Martina Oldhafer und Felix Dorn

Heutzutage müssen sich Krankenhäuser mit ihren Strategien, ihrer Organisation und ihren Prozes- sen permanent an die sich laufend ändernden Rahmenbedingungen, den steigenden Wettbe- werbsdruck und transiente Zustände anpassen. Die erforderlichen Umgestaltungen können nur mit einem ausgereiften und planvollen Verände- rungsmanagement (Changemanagement) ziel- führend, erfolgreich und dauerhaft implementiert werden. Keywords: Prozessmanagement, Change- management, Qualitätsmanagement

Qualitätsmanagement (QM) und Change oder besser Changemanagement – zwei Begriffe, die in deutschen Krankenhäusern immer wieder neu gefunden oder aus der Not heraus erfunden werden mussen, meist jedoch überhaupt nicht direkt miteinander in Verbindung gebracht werden. So ist das klassische QM mit seinen Qualitätsdefinitionen, Messungen, kontinuierlichen Prozess verbesserungen und Aufgaben im Bereich der zahlreichen Zertifizierungen perpolitischem Willen dazu aufgefordert, systematisch den Patienten miteinzubeziehen. Fundierte, also evidente und auf das Krankenhaus ausgerichtete Ursachen-Wirkungs-Modelleunter Einbeziehung der Patienten erfahrungen gibt es hierbei bisweilen nicht. Auf der anderen Seite das kommunikations- und HRlastige Changemanagement, welches den Mitarbeiter im Zentrumsieht und sich darum bemüht, diesen bei größeren, auch mit kulturellem Ausmaß verbundenen Veränderungsprozessen„mitzunehmen“. Erstaunlich ist, dass wir eigentlich schon seit Ende des zweiten Weltkrieges schlauer sind und nach Deming, Juran oder Ishikawa wissen, dass diese Dinge unter dem Prinzip Qualität, Management und Führung zusammen gehören. In der heutigen Zeit der schnellen Veränderlichkeit müssen sich Krankenhäuser mit ihren Strategien, ihrer Organisation und ihren Prozessen permanent an die sich laufend ändernden Rahmenbedingungen, den steigenden Wettbewerbsdruck und transiente Zustände anpassen. Die erforderlichen Umgestaltungen können nur mit einem ausgereiften und planvollen Veränderungsmanagement (Changemanagement) zielführend, erfolgreich und dauerhaft implementiert werden. Die Revisionder DIN EN ISO 9001:2015 hat diese Notwendigkeit erkannt und fordert für ein professionelles und systematisches Qualitätsmanagementsystem die Umsetzung eines Changemanagements bei der Einführung von Änderungen und der (Weiter-) Entwicklung der Organisation und ihrer Prozesse. Die Unterstützung der Unternehmensleitung und der Führungskräfte ist dabei zwingende Voraussetzung, um die Strategie des Krankenhauses in operative (Qualitäts-) Ziele und umsetzbare Maßnahmen zutransferieren. Nur so kann es gelingen, die Mitarbeiter als „Partner imChange“ auf allen Ebenen in die Qualitätsphilosophie des Krankenhauses einzubeziehen und die Akzeptanz für Veränderungsmaßnahmen zu steigern. Die direkte Einbeziehung der Mitarbeiter in das Qualitätsmanagement, ihre weitere Qualifizierung und Befähigung sowie die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen erschließt letztlich systematisch Verbesserungspotenziale und führt in vielen Fällen auch zu einer Erhöhung der Patientensicherheit.

Die Architektur eines gelungenen Changemanagements

In der Praxis fällt hierbei den Qualitätsmanagern eine besondere Rolle zu – die eines Organisations- und Unternehmensentwicklers. Auf Basis der immer weiter fortschreitenden Emotionalisierung von Veränderung greifen die Changemanagement- Hebel immer weiter in die Vision, die betriebliche Organisationsstruktur sowie Kultur. Umfassende Aspekte zwischen Führung und Controlling werden aufgerufen und stellen sich als grundlegende Voraussetzung eines gelungenen Change-Prozesses heraus. An dieser Stelle wird deutlich, welchen großen Wert das Qualitätsmanagement in die operative wie strategische Unternehmensentwicklung einzahlt. Viele Häuser haben diese Zusammenhänge immer noch nicht in ihrer Abteilungsstruktur umgesetzt und wichtige zusammengehörende Qualifikationen laufen getrennt voneinander. Erforderliche Fähigkeiten des Qualitätsmanagement können so nicht abgestimmt wirken. Die Folge sind schwache, anfällige oder schlicht nicht nachhaltige Veränderungsprozesse (EAbb. 1)

Changemanagement und Qualitätsmanagement stellen somit ein in sich verzahntes System dar; sind Profiteure voneinander. Das Ziel ist hierbei nicht, eine abrupte Veränderung oder sprunghafte Innovation zu erreichen, sondern vielmehr bestehende Dienstleistungen, Produkte und Prozesse in krementell zu verbessern und zu perfektionieren. Der Rahmen hierfür ist der klassische Kaizen-Ansatz („Kai“ – Veränderung und Wandel; „Zen“ – zum Besseren). All dies mit der Sicherung und Steigerung der Qualität, der Erhöhung der Kundenzufriedenheit und der Kostensenkung durch engagierte Mitarbeiter sowie frühzeitiges Erkennen von Fehlern und deren Reduktion.

Zahlen, Daten und Menschen sind die Startbahn Durch festgelegte Kennzahlen und standardisierte Indikatoren wird die Qualität in einem erfolgreichen Qualitätsmanagementsystem regelmäßig kontrolliert und überwacht. Mitarbeiter sollen ihre Kritik an Abläufen und Schnittstellen als Verbesserungsvorschlag einbringen, der durch die Unternehmensleitung nach einer positiven Gesamtbewertung umgesetzt wird. Hieraus resultiert der bekannte PDCA-Zyklus, d.h. die ständige Analyse und Verbesserung aller Prozesse und Dienstleitungen im Krankenhaus. Ist eine Verbesserung erfolgreich umgesetzt und als Standard festgelegt worden, wird sie dauerhaft implementiert. Ein wichtiger Teil dieses Umfelds ist das Führungsteam innerhalb des Veränderungsprozesses. Dazu zählen neben dem Visionär und Sponsor des Wandels – das kann, muss aber nicht der CEO sein – vor allem solche Entscheider, auf deren Urteil der Change-Leader besonderen Wert legt. Optimal ist es, wenn sich hier neben dem Transmissionsriemen Change-Leader auch Führungskräfte vom Typus Change-Manager und Change-Controller finden lassen. Diese haben die Ergebnisse jener Strukturen und Prozesse im Blick; gemeinsam erweitern sie mit unterschiedlichen Einflussnahmen, welche sich gut durch die unterschiedliche Gewichtung von Entscheidungs- und Gestaltungspielraum ableiten lässt, die Perspektive auf Erforderliches. Change-Manager und Change-Controller können gegenüber dem Change-Leader die wichtigen Rollen des kritischen Sparring Partners, intellektuellen Herausforderers und wohlwollenden Promoters übernehmen. Erst aus dieser Konstellation entwickelt sich ein qualifiziertes Changemanagement-Team. Bei dem Qualitätsmanager liegt die große Herausforderung, genau diese Partner zusammenzuführen und sicher durch den Veränderungsprozess zuführen. Ausgestattet mit allen wichtigen Kennzahlen des Qualitätsmanagements sowie den strategischen Zielwerten (EAbb. 2).

Der ständige Begleiter Changemanagement

Ist das Qualitätsmanagement richtig ausgestaltet, das Changemanagement-Team wirkungsvoll aufgestellt, kann das klassische Changemanagement wirken; der kommunikative Umgang mit Veränderungen. Zentrales Element ist dabei die Etablierung einer entsprechenden Change- bzw. Veränderungskultur. Diese entsteht durch Verständigung und ist Bestandteil des sozialen Gefüges innerhalb eines Unternehmens und über seine Grenzen hinweg. Legt man einen kontinuierlichen Veränderungsprozess dem Unternehmenserfolg zugrunde, so ist Changemanagement im weitesten Sinne ein ständiger Begleiter von Unternehmenstätigkeiten. Die stetige Weiterentwicklung trägt dazu bei, dass Krankenhäuser in der sich rasch wandelnden Welt, die sie umgibt und unmittelbar beeinflusst, überleben und erfolgreich fortbestehen. Ist die Basis geschaffen, könnenauch große Krisen und notwendige einschneidende Veränderungen nach den Prinzipien und Erfolgsfaktorendes Changemanagements begleitet werden. Dabei ist es von Vorteil zu verstehen, wie diese kontinuierlichen Veränderungen ablaufen und wie die Führungskraft, unabhängig von ihrer Profession, sie optimal unterstützen kann. Changemanagement ist dabei weit umfangreicher, als es zunächst erscheint. Gerade die Zusammenarbeit über alle Zuständigkeiten und Hierarchie grenzen hinweg ist eine Herausforderung, die viel Geduld, Nachsichtund Einfühlungsvermögen erfordert. Changemanagement kann dazu beitragen, Unternehmen, Unternehmenskultur und Mitarbeiter enger zusammenzubringen und eine gemeinsame Identität mit einheitlichen Zielen und Werten zu generieren. Um dies zu erreichen, müssen unterschiedlichste Methoden und Konzepte angewandt werden, die in ihrer Gesamtheit eine langfristige Verbesserung der Zusammenarbeit bedingen. Der Trugschluss guter Chef Natürlich muss man sich auch die Frage stellen, ob es auch ohne ein umfassendes Changemanagement geht. Wenn Führungskräfte sich die Zeit nehmen, Mitarbeiter eng und frühzeitig einzubinden, für Fragen und Ängste immer eine offene Tür (Ohr) haben, mit offenen Augen sich an der Basis präsent zeigen und eine positive Kommunikationsstrategie verfolgen. Die Komplexität eines umfassenden Changemanagements kann jedoch nicht von einer einzelnen Führungspersönlichkeit vollständig kompensiert werden. Letztlich kann diese nur eine Rolle in der Gesamtarchitektur eines gelungenen Changemanagements übernehmen. Unweigerlich wird es zu Wirkungsverlusten kommen, die zu Frustration und abnehmendem Vertrauen in die Unternehmensleitung führen. Die Folge ist ein schwaches Qualitätsmanagement und eine abnehmende Patientensicherheit. Der vermeintlich perfekte und alles kompensierende Vorgesetzte wird ungewollt zum „Sicherheitsrisiko“und „Saboteur“ der Weiterentwicklung.

QMCM muss die Formel sein

Die Gesundheitsbranche wird durch Dezentralisierung, den demografischen Wandel, aber auch durch sich verändernde Gesetze und die hohen Kunden- und Marktanforderungen bedeutend beeinflusst. Wie können für die Medizin- und Gesundheitsbrancheso relevante Aspekte wieService, Kontinuität, Verfügbarkeit, Fachkompetenz, Hygiene, Sicherheitund vor allem auch das persönlicheEngagement der Mitarbeitergegenüber den Patienten nicht nur bewahrt, sondern kontinuierlich verbessert werden? Wenn Prozesse verändert werden müssen, dann müssen meist auch„individuelle – geliebte – bevorzugte Vorgehensweisen“ aufgegeben und die eingerichtet „Komfortzone“ verlassen werden. Dass Medizin Dienstleistung und Service bedeutet, will der eine oder andere im Gesundheitswesen noch immer nicht wahrhaben. Aufgeklärte und wissende Patienten haben das Machtverhältnis der Gesundheitsberufe jedoch jetzt schon verschoben. Hoheitswissen wird nicht mehr nur auf Seiten der Professionellen im Gesundheitswesen gesehen. Die Digitalisierung zeigt uns hierbei ganz neue Zielmarken auf, die das Gesundheitssystem nachhaltig massiv verändern werden. Wer in diesem System schritthalten will, muss Qualität neu definieren und entsprechende Strukturen schaffen. Investieren, um am Ende auch wirtschaftlicher– ja erfolgreicher sein zu können. Mit Zahlen, Daten und Menschengemeinsam. Dr. Arnt Suckow

Leiter Stabsstelle Qualitäts- und klinisches Risikomanagement

Universitätsmedizin Göttingen

Georg-August-Universität Ressort

Krankenversorgungarnt.suckow@med.uni-goettingen.de

Dr.Martina Oldhafer

Board Member Forum

Changemanagementm-oldhafer@t-online.de

Felix Dorn

Mitglied der Geschäftsleitung (CMO)

BQS Institut für Qualität und Patientensicherheit

felix.dorn@bqs.de


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